Seit alters her kennen und feiern die Menschen unserer Breiten diese besondere Zeit, die Weihnacht oder auch die Rauhnächte. Wir bewegen uns im Jahreskreis und finden uns, verändert in einer Zeit wieder, in der wir schon viele Male waren. In diesen Tagen und Nächten zwischen Weihnachten und dem 6. Januar, dem Tag der Heiligen drei Könige, dürfen wir uns herausgehoben fühlen aus allem Alltäglichen, der Routine von Aufgaben und Pflichten. Und wir dürfen eintreten in eine Phase der Stille und des Rückzugs.
Der immer wiederkehrende Jahreskreis ist das Rad des Lebens, das wir auch aus anderen Kulturen kennen. Das Leben, das wir hier im Westen oftmals als eine gerade Linie verstehen, die sich permanent fortsetzt und uns nach weiter, schneller, mehr antreibt wird hier unterbrochen, angehalten.
Diese Zeit der Rauhnächte wird mit der Wintersonnenwende am 21. Dezember eingeleitet, den kürzesten Tag und der längsten Nacht.
Für viele sind Dunkelheit und Kälte in diesen Tagen eine echte Herausforderung. Und doch entzünden zur Wintersonnenwende viele ein großes Feuer draußen oder schmücken ihre Häuser mit Lichterketten und Kerzen in den inneren Räumen. Damit bringen wir zum Ausdruck, dass in der dunkelsten und längsten Nacht bereits das Licht erstrahlt und sich weiter ausbreiten wird.
Und vielleicht ist es nicht von ungefähr, dass die Rauhnächte nicht in der Helligkeit und Licht des Sommers liegen, sondern in der dunkelsten Jahreszeit – zumindest in unserer westlichen Welt. In der Dunkelheit tritt die Welt der Erscheinungen, das Sichtbare, die scheinbar reale Welt zurück und wir können leichter erahnen und realisieren, was hinter der äußeren sichtbaren Welt liegt. Es ist eher ein Erahnen, ein Erspüren, dass es noch eine andere Welt gibt, hinter den Erscheinungen dieser Welt.
So können wir die Rauhnächte zwischen den Jahren als eine Zeit der Rückbesinnung, der Innenschau und spirituellen Rückbindung – religio erleben und uns wieder mit unseren tiefsten Wurzeln verbinden:
Mit uns selbst als liebende Wesen, mit Körper, Seele, Herz und Geist.
Einem Geist, der frei ist, mit einem inhärenten freien Willen, der uns zu einzigartigen Individuen macht, die nach eigenem Willen, selbstbestimmt entscheiden, was ihnen Herz und Geist sagen.
Die Verbindung mit den eigenen Wurzeln wie Familie, Gemeinschaft und Freunden mit ähnlichen Werten, mit der Heimat wie auch religiösen oder spirituellen Werten kann in dieser Zeit gestärkt werden. Eine Zeit, um seine eigene Wahrheit und Erkenntnisse, die eigene Lebensausrichtung und Werte zu verankern. Denn die digitale, mediale Dauerberieselung manipuliert uns und lenkt uns von uns selbst ab und dem, was WIR wollen.
Diesen starken und eigenen Willen brauchen wir, um unseren eigenen Werten zu folgen und in Freiheit zu leben. Denn der fortschreitende Materialismus und der Größenwahn der Eliten nehmen immer mehr Einfluss auf die Freiheit und Individualität des Menschen.
In dieser Zeit können wir uns daran erinnern, dass wir liebende Wesen sind, erschaffen als Mann und Frau und an unsere ureigenste Bestimmung und Sehnsucht, uns als solche einander zuzuwenden und zu lieben.
Stärken wir den Zusammenhalt unserer Familien. Die Familie ist die kleinste und stärkste Einheit der Gesellschaft. Hier erfährt das Kind seine Wurzeln: seine und ihre geschlechtliche Identität am Vorbild von Mutter und Vater, eine freie Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, die Freiheit, eigene Gedanken und Gefühle zu entwickeln und diese auch zum Ausdruck zu bringen, Selbstbestimmung und Spiel, es erwirbt soziale Kompetenz und entwickelt Verantwortung für sich selbst, die Geschwister und das gemeinsame Zusammenleben in der Familie.
Gebt Euren Kindern diese Wurzeln Eures Frau- bzw. Mannseins, gebt ihnen eine starke Gemeinschaft (Familie), in der die Gedanken frei sein dürfen. Mit diesen Wurzeln vermittelt ihr Euren Kindern ein starkes Selbstbewusstsein, den freien Willen und die Selbstbestimmtheit über sich selbst.
Erinnern wir uns an die, die wir sind: liebende Wesen mit einer tiefen Verwurzelung in uns selbst, in der Freiheit unseres Geistes, in unserer tiefsten Essenz, die frei, göttlich und schöpferisch ist.
Erinnern wir uns in diesen Tagen an die alten Traditionen unserer Ahnen und Vorfahren, in der die Natur beseelt ist. Das Innere dem Äußeren entsprach und umgekehrt, das Resonanz-Prinzip. Bewegungen in der Natur, die Bewegungen der Seele entsprechen. Bewegungen, die aus dem Prinzip der Polarität entstehen: Dunkelheit und Licht, Sonne und Mond, oben und unten, Nordpol und Südpol, Mann und Frau. Bewegungen, die neue Prozesse und Entwicklungen in Gang setzten im immer wiederkehrenden Kreislauf des Lebens von Werden und Vergehen. Und dass wir in diesem Prozess gehalten und getragen sind von etwas, das größer ist als wir selbst.
Die Rückbesinnung und Verankerung in unseren spirituellen Traditionen helfen uns auf unsere essentiellen Fragen eine Antwort zu finden. Die Verbindung mit Menschen in unseren traditionellen formen wie Ehe, Familie, Lebens- und Dorfgemeinschaften gibt uns erst die Möglichkeit nicht nur die Liebe zu erfahren sondern uns selbst ganz zu finden als Frau und Mann, in unserer Identität ein wichtiger Teil einer Gemeinschaft zu sein und darin Selbstwert und Selbstbewusstsein zu entwickeln. Nur auf diese Weise kann sich die Liebe und Wertschätzung für uns selbst gesund entfalten und erstarken. Nur so können wir innerlich stark und großartig werden für uns selbst und unsere Lieben uns einzusetzen, für die eigene Wahrheit und die eigenen Werte zu leben.
Entscheiden wir uns diese Zeit der Rauhnächte bewusst und rituell zu gestalten, dürfen wir innehalten und uns auf uns selbst zu besinnen. Wer bin ich? Wer bin ich wirklich? Und wozu bin ich hier? Wie will ich leben und wo will ich hin in meinem Leben?