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Und wie mag die Liebe dir kommen sein?
Kam sie wie ein Sonnen, ein Blütenschnein,
kam sie wie ein Beten? – Erzähle!

Ein Glück löste leuchtend aus Himmeln sich los
Und hing mit gefalteten Schwingen groß
An meiner blühenden Seele…


R. M. Rilke, Aus "Traumgekrönt" (1896)

Fotolia 851285 M 

Von Beginn an existieren die Menschen als Frau und Mann, suchen sich, sind aufeinander ausgerichtet. In keiner anderen Beziehung als der Mann-Frau-Beziehung erfahren wir die Liebe so intensiv und allumfassend wie in der Liebesbeziehung. Immer wieder besungen, neu erdichtet, ist die Liebe die Kraft, die uns immer wieder einander suchen lässt.

Mann und Frau sind in der Geschichte der Menschheit einen langen Weg miteinander gegangen, der mehr mit Machtkampf als mit wirklicher Liebe zu tun hatte und haben sich dabei so weit voneinander entfernt wie der Nordpol vom Südpol.

Eine neue Annäherung kann in diesem Jahrhundert stattfinden, wenn Frau und Mann sich im Kreis des eigenen Geschlechts neu gefunden und definiert haben und die kollektive Wunde des eigenen Geschlechts für sich erkannt und geheilt haben.

Die Vision eines neuen Miteinanders ist getragen von der Frau, die in ihrer Weiblichkeit ganz angekommen ist und dem Mann, der seine Männlichkeit in Stolz und Würde lebt, und beide die Scham über die eigene Geschlechtlichkeit und seine Geschichte hinter sich gelassen haben. Indem die alte Beziehungsgeschichte von Entwürdigung und gegenseitiger Verletzung aufgegeben wird, wird Eros befreit und führt die Liebe zwischen Mann und Frau zu ihrer zeitgemäßen Bestimmung: dem Tanz des Maskulinen mit dem Femininen.

Trotz vielerlei Probleme und Herausforderungen, sowie verschiedener neuer und experimenteller Lebens- und Beziehungsformen hat sich die Liebesbeziehung in einer verbindlichen Partnerschaft als die stabilste Lebensform erwiesen, die uns Menschen Zuwendung, Körperkontakt, Austausch, Liebe und Sexualität gewährleistet. Trotz ihrer durchaus auch schwierigen Momente und Phasen ist die Liebesbeziehung doch ein Beziehungskonzept, das unserem Bedürfnis nach Bindung entgegenkommt, und uns zugleich die Möglichkeit von Heilung und Wachstum bietet. Wenn wir lieben, wird es uns leicht ums Herz und unser ganzes Wesen erstrahlt.

Wenn wir lieben, lieben wir auch immer uns selbst, unsere allerbesten Möglichkeiten und Fähigkeiten, die dann zum Vorschein kommen. Die Liebe berührt uns zutiefst in unserem Wesen, holt uns aus dem Alltäglichen immer wieder heraus und ermutigt uns, über persönliche Begrenzungen hinauszugehen und uns auf das Abenteuer von Nähe und Intimität einzulassen. Im anderen suchen wir auch die Antwort auf unsere tiefsten essentiellen Fragen und Bedürfnisse. Wir wollen erkannt und anerkannt werden als die, die wir sind, mit all unseren Fähigkeiten angenommen werden und das nicht nur partiell, sondern in unserem ganzen Wesen. Wir wollen lieben und uns mitteilen und uns in Tiefe verbinden. Wir wünschen, dass jemand an unserer Seite ist in guten und in schlechten Zeiten. Unabhängig von den Unwägbarkeiten und Veränderungen des Lebens suchen wir die Konstante in unserem Leben, die uns trägt und dem Leben einen Sinn gibt. Wir suchen den Spiegel, in dem wir uns erkennen und reflektieren können. Wir sehnen uns nach jemanden, der zu uns steht, uns beschützt und das Gefühl gibt, nicht allein durchs Leben zu gehen. Mit dem Liebespartner wird auch das Bedürfnis nach Körperkontakt, Berührung und Sexualität gestillt. Die körperliche und emotionale Intimität mit dem Liebespartner gibt uns die Möglichkeit, uns ganz zu schenken, loszulassen und uns in der Seele berühren zu lassen. Wenn wir uns die verschiedenen Bedürfnisse anschauen, die uns motivieren Liebesbeziehungen und Partnerschaften einzugehen wird deutlich, dass diese grundlegenden Bedürfnisse in jedem Menschen vorhanden sind.

So suchen wir sie, die neue Liebesbeziehung und lassen uns darauf ein, in der Hoffnung, dass es dieses Mal besser wird. Doch dann kommt allzu häufig die Enttäuschung, wenn der Partner sich als jemand anderes zeigt, als er versprochen hat, wenn einer sich unverstanden fühlt, die Bedürfnisse nicht so erfüllt werden, wie gewünscht, wenn einer sich eingeengt fühlt, der andere sich zurückzieht. Oder aber wenn einer sich nicht mehr gesehen fühlt, der andere sich dominiert oder verletzt fühlt, wenn einer unersättlich nach körperlichen Kontakt und Sex ist und der andere dessen überdrüssig sich zurückzieht. Dieser Desillusionierungsprozess ist einer der größten Fallen in verbindlichen Partnerschaften. Kein Paar bleibt davon verschont, nachdem die Verliebtheitsphase verebbt ist und die Beziehungspartner wieder in der Realität der Begrenzungen ihrer Persönlichkeit landen. Das ist dann häufig der Zeitpunkt, wo sich die beiden mit ihren unreifen, kindlichen Bedürfnissen und ihrem Mangelbewusstsein treffen und nicht wissen, damit umzugehen.

Liebesbeziehungen sind wie Parabolspiegel unserer eigenen Persönlichkeit. Die wundervollen und liebenswerten Aspekte von uns selbst werden auf den Anderen projiziert und gebündelt und werden dann verstärkt zurückgestrahlt. Deshalb blühen Menschen so auf und sind voller Lebensfreude, wenn sie frisch verliebt sind. Während zu Beginn einer neuen Liebesbeziehung die negativen oder unangenehmen Aspekte des Gegenübers ausgeblendet werden treten diese gegen Ende des "Honey Moons" umso stärker in den Vordergrund. Erst nach einiger Zeit in einer intimen und verbindlichen Partnerschaft kommen die eigenen unerledigten Baustellen zu Tage: das eigene unerfüllte Liebesbedürfnis, Selbstkritik und Zweifel, negative Glaubenssätze über sich selbst, Selbstzweifel, Ängste und alte Verletzungen werden dann vom anderen gespiegelt. In dem Maße wie vorher die Sonnenseiten durch den Liebespartner verstärkt und gespiegelt wurden, erlebt man nun den gleichen Effekt mit den eigenen Schattenseite. Und diese werden natürlich dem Partner, nicht sich selbst zugeschrieben. Eine im Leben selbstbewusste und unabhängige Frau wird dann plötzlich zu einer kleinen, unselbstständigen Prinzessin. Die sonst bei Freunden ausgeglichene und friedvolle Frau wird bei ihrem Partner zu einer streitsüchtigen Zicke. Die anfangs lebendige und lustvolle Sexualität wird immer mehr zum K(r)ampf. Der Märchenprinz entpuppt sich in der Beziehung als arroganter, unreifer Schnösel, der starke Mann als weinerliches Mamasöhnchen.

Manchmal kann dies schon der Anfang vom Ende sein; wenn die Bindung noch nicht sehr fest ist und keine Kinder da sind, scheint die Lösung in einer Trennung zu liegen. Anders als noch vor zwanzig Jahren gibt es heute in unserer Gesellschaft eine große Toleranz für Trennungen und Familie als auch Freunde zeigen Verständnis wenn man wieder „seinen eigenen Weg“ gehen will. Denn immer mehr Menschen haben bereits die Trennung der eigenen Eltern erlebt oder das Zerbrechen von Ehen im Freundeskreis, so dass Trennungen immer selbstverständlicher zur Realität unserer Partnerschaften gehören. Auch wenn der woke mainstream die Trennung von Paaren und die Auflösung und Zerstörung von Familie favorisiert, so gehen zwar Menschen heute leichter und öfter wieder auseinander, doch häufig wird die Trennung nicht wirklich vollzogen. Jede Trennung verursacht Schmerz und Trauer, Schuld oder Schamgefühle. Wo bleiben die Menschen mit ihren Gefühlen? Haben sie einen Raum oder Menschen, bei denen sie diese Gefühle ausdrücken können? Die meisten nicht – ist unsere Erfahrung. Zurück bleiben emotionale Verwicklungen und energetische Bindungen, die einen nicht wirklich frei sein lassen. Vielmehr entsteht ein unbewusstes, teils chaotisches energetisches Geflecht von unerledigten Bindungen an ehemalige Partner und Themen aus der Vergangenheit. Das spüren manche Menschen und warten nach einer Trennung einige Jahre, bis sie sich auf eine neue, verbindliche Liebesbeziehung einlassen. Doch die Zeit heilt zwar einige Wunden – die Verbindungen mit dem Ex-Partner bleibt aber bestehen und beeinflussen in gravierender Weise die neue Partnerschaft.

Uns geht es in unserer Arbeit darum Modelle aufzuzeigen, die eine Loslösung alter Bindungen bewirken und eine konstruktive Fortführung der Paarschaft ermöglichen. Denn hierfür gibt es einfach zu wenig Vorbilder und Wissen, wie mit Schwierigkeiten oder Krisen in Beziehung umgegangen werden kann. Denn die Herausforderungen, denen sich Mann und Frau in der Paarschaft zu stellen haben sind vielfältig, oftmals verzwickt und schwer zu durchschauen. Dazu gehören verschiedene Themen der Beziehungsdynamik, ungelöste Bindungen an frühere Partner oder die Herkunftsfamilie, unverarbeitete emotionale oder körperliche Verletzungen. Manche Beziehungspartner tragen auch noch schwerwiegendere Schicksale in die Beziehung, wie Verlust oder Tod eines geliebten Menschen, die meist nicht bewältigt wurden und aus der Verdrängung heraus die Beziehung belasten. Da erscheint es oftmals leichter eine Partnerschaft zu beenden als sich die Themen, die jeder mitbringt, anzuschauen, zumal sie oftmals erst gar nicht erkannt werden. Ein neuer Partner, der neues Glück und Verliebtheit verspricht, scheint da der verführerische und zunächst leichtere Weg zu sein.

Doch in den meisten Fällen zeigen sich die eigenen ungelösten Themen, unerfüllten Sehnsüchte und unverarbeiteten Erlebnisse aus der Vergangenheit bald wieder – diesmal im Spiegel eines neuen Partners. Und so kann man an kritischen Stellen stets die Reißleine ziehen und weglaufen – letztendlich aber läuft man dabei doch vor sich selbst und der eigenen Vergangenheit weg.

So kommt man vielleicht nach der ersten, zweiten oder wiederholten Trennung dazu die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und die Aufmerksamkeit erst einmal auf sich selbst zu lenken.